Die Baclofen Saga Teil 6: Das Vermächtnis von Olivier Ameisen

BGrangerDie Baclofen Saga wurde im Jahr 2013 von zwei wichtigen Ereignissen markiert. Das erste war der überraschende Tod von Olivier Ameisen am 18. Juli in seiner Pariser Wohnung. Alle, die ihn kannten, waren tief betrübt, ihn so früh mit 60 Jahren gehen lassen zu müssen, während sein bewundernswerter Einsatz zugunsten von hochdosiertem Baclofen bei Alkoholabhängigkeit gerade die erste offizielle Anerkennung erreicht hatte. Das zweite Ereignis des Jahres 2013, war das Glücklichere.

Olivier Ameisen war ein überempfindsamer Mensch, schlecht geeignet für unsere Epoche von kleingeistigem Kalkül und Absicherung nach allen Seiten. Grössenwahnsinnig in Reaktion auf seine innere Verletzbarkeit hatte er ohne Rücksicht auf … weiter auf Seite 2 

RTU: Informelle Ärzte-Gruppen fordern Nachbesserung

Pressecommuniqué  MG Addictions / Fédération Addiction und RESAB

 

Die ANSM hat kürzlich eine RTU für Baclofen in der Behandlung der Alkoholabhängigkeit und des Alkoholmissbrauchs verfügt. 

 

Dies ist die Leistung der betroffenen Patienten selbst und der Patientenvereinigungen. Ebenso eine Leistung, die verschiedenen praktizierenden Ärzten anzurechnen ist, die bei der off-label-Verschreibung von Baclofen einen erheblichen klinischen Aufwand für ihre Patienten betrieben haben. 

 

 

RTU: ein Rahmen, der die erworbene Erfahrung integriert

 

Diese RTU bietet einen rechtlichen Rahmen und eine Überwachung der Medikamentensicherheit in der Verschreibung, und sie gewährleistet bis zur Bekanntgabe der Resultate der Studien „Bacloville“ und „Alpadir“ die Kostenerstattung durch die Krankenkasse. Die durch die RTU vorgesehene Erhebung der Daten liegt nahe beim gleichartigen Termin der Bacloville-Studie. Die Erhebung muss einfach und praktisch für die Ärzte sein, wie das Modell eines überwachenden Netzwerks der RESAB vorgibt. weiterlesen Seite 2 … 

Geliebte, gehasste Sucht: Warum werden wir süchtig?

Menschen bei Maischberger – endlich eine Sendung die dem Problem annähernd gerecht wird. Prof. Michael Musalek (Wien) macht das „zentrale Problem“ beim Thema Sucht deutlich, es ist die fehlende Selbstliebe bei den Betroffenen. Sendungen wie diese fördern das Verständnis für Abhängigkeit und somit das Verständnis für diejenigen die davon betroffen sind. Dabei wurde besonders bei den nichtstofflichen Süchten wie „Bulimie“ oder das andere Extrem „binge eating“ deutlich, wie sich die Wahrnehmung des Betroffenen von der Realität abkoppelt. Sehr empfehlenswert, wer will kann sich die Sendung hier ansehen.

Black Box was ist das denn?

 

BlackboxGesammelte Erkenntnisse aus über 10 Jahren interdisziplinärer Sucht-Forschung und 2 Jahre Erfahrung aus dem ersten deutschen Alkohol und Baclofen-Forum fließen in diese Broschüre ein und geben einen Überblick über den derzeitigen Stand in der Behandlung von Sucht, Angst und Depressionen mit Baclofen.

Die Blackbox und die dazu gehörende Whitebox mit zahlreichen Erfahrungsberichten von Anwendern über einen Zeitraum von 6 bis 24 Monaten zeigen ein klares Bild:

„Das Ende der Sucht“, ist nicht länger die Einzelerfahrung eines französischen Kardiologen
(O. Ameisen, 2004), sondern die erlebte Realität von zahlreichen Patienten und ihrer notgedrungen im „off-label-use“ behandelnden Ärzte.

 

Start von Paradigmenwechsel e.V.

Signatur

Baclofen.blog.de wurde am 21. 10. 2009 von 2 Betroffenen gegründet. Unsere Erfahrungen mit Baclofen lagen zum damaligen Zeitpunkt gerade mal einige Wochen zurück. Beide wussten wir bereits zu diesem Zeitpunkt, Baclofen war die „entscheidende Wende“ in unserem Leben, wir erfuhren aufgrund vieler Zuschriften, dass es keine Einzelerfahrung sein konnte.


Das Forum Alkohol-und Baclofen-Forum.de war deshalb ein nächster, logischer Schritt, es machte eine schnelle und effiziente Kommunikation möglich, sowohl in der Informationsverbreitung als auch in der Gewinnung von Informationen mit dem Schwerpunkt Baclofen und die Behandlung von Alkoholismus, Angst und Depressionen. Das Forum wuchs schnell und stabil, viele drängende Fragen standen und stehen im Fokus des Forums.


Heute wird das Forum von vielen Mitgliedern als virtuelle SHG betrachtet, eigentlich unser ursprüngliches Ziel. Die Qualität nahezu aller Beiträge im Forum und die Ergebnisse unserer Auswertungen, machen das Forum darüber hinaus zu einem vielbeachteten Portal für Wissenschaftler, Ärzte, Therapeuten und Mitarbeiter in Nachsorge-/Selbsthilfeorganisationen.


Jetzt ist es an der Zeit, eine breitere Öffentlichkeit anzusprechen. Die Zeit ist reif, sich von den alten Paradigmen in der Behandlung von Alkoholismus, Angst und Depressionen zu lösen und neue zu entwickeln. Paradigmen, die das Leben von Millionen Menschen positiv verändern werden und die in der Folge gesamtgesellschaftliche Auswirkungen haben werden.


Deshalb haben wir Paradigmenwechsel e.V.  die Namenswahl ist zwangsläufig – gegründet. Der Verein ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und wird deshalb Forderungen erheben, Ansprüche formulieren, politisch aktiv werden. Die Vertreter des Vereins können Öffentlichkeitsarbeit betreiben, Diskussionsbeiträge liefern, Vorträge halten und Forderungen an die Politikverantwortlichen stellen. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein zentrales Portal zu schaffen um den Austausch von gesicherten Informationen und Ergebnisse der aktuellen Forschung zur Verfügung zu stellen. Alkoholismus darf nicht länger anonym bleiben.


Angsterkrankungen und Depressionen müssen abseits der Sensationsberichterstattung in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.


Der Verein stellt sich auf seiner Website paradigmenwechsel-ev.de detailliert vor.


Die Admins

 

Ich hatte nur eine Frage an Prof. Olivier Ameisen …

ameisen_autor5… und hier ist die Antwort:“die Dosierung ist komplett egal und individuell, du musst einfach nur DEINE Dosierung finden. Einige erreichen das Ziel mit niedriger Dosierung, andere müssen bis zu 400mg gehen, egal, es gibt keine generelle Dosierungsanleitung.“ Ach so ja, die Frage war: „warum dosiert man in Frankreich so hoch, wir dagegen haben in Deutschland sehr gute Erfolge mit 55mg im Mittelwert?“

Die Autoren-Lesung in Ravensburg/Bodensee, war die erste Lesung mit Olivier Ameisen (in Deutschland) seit das Buch erschienen ist. Ungefähr 80 Leute drängten sich in der Buchhandlung Ravensbuch, darunter alleine 2 Neurologen und 2 Allgemeinärzte. Olivier traf ich bereits im Zug und wir vereinbarten nach der Lesung ein gemeinsames Abendessen. Nach der Lesung kam eine angeregte Diskussion in Gang und ich hatte die Gelegenheit das Forum kurz vorzustellen. Alle Fragen waren durchaus intelligent, bis auf eine, ausgerechnet von einem Neurologen. Er meinte tatsächlich Baclofen würde wohl bei einem „Ausnahmealkoholiker“ wie Ameisen aber doch nicht bei einem gewöhnlichen Spiegeltrinker wirksam sein können. Oliver antwortete trotzdem ganz cool und meinte nur er wäre keine Ausnahme sondern die Regel, Baclofen würde bei allen Alkoholikern wirken.

Während Olivier seinen Autorenpflichten nachkam (signieren), bestürmten mich einige Teilnehmer mit Fragen und wollten Kontakt-Adressen von mir. Leider fiel das Abendessen dann deswegen aus und wir trafen uns erst zum Frühstück wieder, zufällig wohnten wir im selben Hotel. Wir unterhielten uns sehr angeregt und vereinbarten in Zukunft eine engere Kommunikation.

Die Forenarbeit hält er übrigens für überaus wichtig, er sagte sinngemäß: Baclofen wird sich weiter von unten durchsetzen und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Entzugs- und Therapieeinrichtungen vor leeren Betten stehen werden. Es werden sicher neue Medikamente auf der gabaergen Basis auf den Markt gebracht, das wird aber dauern und bis dahin wird Baclofen seinen festen Platz in der Suchtarbeit haben. Psychotherapie ist sehr wichtig, mit Hilfe von Baclofen oftmals erst dann wirklich sinnvoll und effektiv. Wie wir auch, meinte Olivier mit Baclofen gäbe es keinen Rückfall. Er findet aber unsere Bezeichnung Vorfall auch nicht hilfreich, es ist vielmehr nicht der Rede wert, da die Grundlage all dieser Vor/Rückfälle – die Angst davor, Dank Baclofen – entfällt.

Für mich persönlich war es ein eindrucksvolles Erlebnis, diesen großartigen Mann kennen lernen zu dürfen. Leider können nur wir, die wir die Sucht selbst erlebt haben ermessen, was für eine herausragende „Humanitäre Leistung“ Prof. Olivier Ameisen vollbracht hat. Meines Wissens hat vor ihm noch nie ein Mediziner den Mut aufgebracht, seine eigene Suchtgeschichte öffentlich zu machen. Die einzige Motivation: Millionen von suchtkranken Menschen wieder ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen.

Vielen Dank Olivier Ameisen

Nun, es ist natürlich schön, wenn Suchtexperten endlich ihren Job machen.

ameisen

WELT ONLINE Von Pia Heinemann 19. Februar 2010, 10:20 Uhr

Mit seinem Buch „Das Ende meiner Sucht“ hat Olivier Ameisen vielen Menschen Hoffnung gemacht: Er war Alkoholiker und testete an sich ein Medikament gegen die Abhängigkeit. Noch ist die Zulassung fern, doch das Medikament wird bereits gegen andere Suchtkrankheiten eingesetzt. WELT ONLINE sprach mit dem Forscher.

WELT ONLINE: Professor Ameisen, vor zwei Jahren hat die New York State-Universität ihnen einen Professoren-Titel verliehen, weil Sie eine Therapie gegen die Sucht gefunden haben. In Ihrem Buch „Das Ende meiner Sucht“ beschreiben Sie sehr offen die körperlichen und seelischen Abgründe, in die Sie der Alkohol getrieben hat. Mussten Sie so drastisch werden?

Ameisen: Sie fanden das drastisch? Nun, es ist einfach die Realität gewesen. Ich war so gefangen in meiner Sucht, dass ich meiner Universität und dem Klinikum die Niederlegung meiner Ämter angeboten habe. Allerdings haben das Medical College der Cornell Universität, an dem ich Medizinprofessor war und das New York Hospital, wo ich als Herzspezialist arbeitete mein Gesuch abgelehnt. Sie wollten mich behalten und waren sehr stolz, als ich von Präsident Chirac zum „Ritter der Ehrenlegion“ ernannt wurde. Ich empfand es aber damals, wohl als Folge des geringen Selbstwertgefühles, das die Sucht mit sich bringt, als unverdient. Ich entschied mich, keine Patienten mehr zu behandeln, bis meine Krankheit vorbei war. Ich habe meine Familie und meine Freunde immer wieder vor den Kopf gestoßen und enttäuscht. Ich habe mich durch unzählige Entzugstherapien und Sitzungen bei den Anonymen Alkoholikern geschleppt. Ich hatte immer wieder Hoffnung.

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Wunderdroge für Alkoholiker

Aus: http://www.welt.de vom 20. Februar 2010

Von Dr. Pia Heinemann

Der Medizin-Professor Olivier Ameisen ist durch ein Medikament gegen Muskelkrämpfe vom Alkohol losgekommen

Die Welt: Professor Ameisen, die New-York-State-Universität hat ihnen einen Professoren-Titel verliehen, weil Sie eine neue Therapie für Alkoholiker gefunden haben. In Ihrem Buch „Das Ende meiner Sucht“ beschreiben Sie sehr offen die körperlichen und seelischen Abgründe, in die Sie der Alkohol selbst getrieben hat. Mussten Sie so drastisch werden?

Olivier Ameisen: Sie fanden das drastisch? Nun, es ist einfach die Realität gewesen. Ich war so gefangen in meiner Sucht, … weiterlesen:

Eine Frage der Reinheit …

Wallace

David Foster Wallace

mit der Frage wie eigentlich Sucht definiert wird, habe ich mich schon sehr lange Zeit beschäftigt. Zu Anfang dachte ich Sucht kommt von Suchen. Mit erhobenem Zeigefinger erklärte mir ein ganz schlauer Therapeut eines Tages, es käme von Siech und bedeute Krankheit, also Siechtum.

Seit ich Baclofen nehme, habe ich zu diesem Thema ganz neue Zugänge und komme ständig zu neuen Erkenntnissen. Ausserdem bleibe ich neuerdings bei Themen hängen die eigentlich mit diesem Thema nicht viel zu tun haben, dachte ich jedenfalls. Ist das eine Nebenwirkung von Baclofen?

So las ich gestern im Spiegel (Ausgabe4/2010) einen Artikel mit dem Titel „Freiheit ist ein verkrüppelter Begriff.“
In dem Artikel geht es u. a. um das realistische Erzählen als eine Form des Widerstands. Zwei amerikanische Schriftsteller, Jonathan Franzen und Adam Haslett werden von Spiegel-Redakteuren zum Thema befragt. Über diesen Auszug bin ich förmlich gestolpert:

Spiegel: David Wallace hat sich 2008 umgebracht. Ist Schreiben lebensgefährlich? Wallace sah sich offenbar vor die Alternative gestellt, Antidepressiva zu nehmen oder produktiv zu bleiben. Er hat sich fürs Schreiben entschieden.

Franzen: Es war ein bisschen komplizierter. Seit seiner Teenagerzeit war er drogenabhängig, er war ein schlechter Patient. Und dann hat er mehr und mehr nach absoluter Reinheit gesucht., er wollte der abstinente Alkoholiker schlechthin sein. Ich sagte ihm, dass es wahnsinnig sei, ohne alles auszukommen, doch er wollte Rein bleiben, und natürlich gibt es keine höhere Form der Reinheit als den Tod.

Peng, das haute mich um. Dieser Satz, … und natürlich gibt es keine höhere Form der Reinheit als den Tod, beschäftigte mich den ganzen Tag. Und über Sucht, Angst, Baclofen, GABA, Dopamin entstand der Gedanke: wenn die Angst per se überlebensnotwendig ist, kann sie dennoch fehlgeleitet werden, zum Tod führen, wie z. B. durch die Komorbität mit Drogenabhängigkeit.

Baclofen nimmt mir die Angst und macht Alkohol überflüssig. Abhängigkeit scheint mir ebenfalls lebensnotwendig zu sein. Das fängt schon am ersten Tag des Lebens an, die erste Abhängigkeit ist die zur Mutter. Kein Tier ist derart unselbständig und damit abhängiger, als der Homo Sapiens und das auch noch einige Jahre lang. Kaum abgenabelt, erlernt Mensch neue Abhängigkeiten und löst sich dann wieder um scheinbar unabhängig zu werden. In meinem Leben lief da irgendetwas falsch, ich blieb irgendwie in der Abhängigkeitsfalle hängen. Ursprünglich lebensnotwendige, im Reptiliengehirn seit Jahrmillionen abgespeicherte Überlebensstrategien haben sich gegen mich gewandt und mich fast das Leben gekostet. 

David Wallace hat offensichtlich nie etwas von Olivier Ameisen oder Baclofen gehört geschweige denn gelesen und so verpasste er die letzte Ausfahrt. Vielleicht hätte er mit Baclofen den Irrweg „der absoluten Reinheit“ verlassen können, sich ab und an etwas Unreinheit erlauben können. Lieber nicht ganz so rein