Totalitäre Strukturen in Internetforen?

Eine äußerst aktive Gruppe innerhalb der Foren sieht sich als Wächtertruppe und stürzt sich mit Elan auf den Vertreter einer abweichenden Meinung. Dabei wird gezielt diffamiert, verdreht und umgedeutet. Beliebtes Werkzeug hierfür ist das Zitieren: da werden einzelne Textpassagen aus dem Zusammenhang gerissen, gerne auch bewusst durch Weglassen oder Hinzufügen von Wörtern sinnentstellt.

Die Penetranz mit der dabei vorgegangen wird, hinterlässt beim zufälligen Besucher den Eindruck, es handele sich bei dem Vertreter einer abweichenden Meinung um einen Querulanten, der zu Recht angefeindet wird. Beiträge von Forumsmitgliedern die ebenfalls eine abweichende oder moderate Meinung vertreten, werden vehement angegriffen und so lange mit Statements bombardiert bis sie stillschweigend verschwinden. Dabei taucht immer wieder die Forderung nach Ausschluss, Löschung von Beiträgen, Sperrung auf. So lange, bis die Moderatoren sich scheinbar dem Druck beugen müssen (scheinheilig) und den unbequemen Vertreter einer nicht gruppenkonformen Meinung aus dem Forum entfernen.

Es widerspricht jedem Demokratieverständnis und verhindert ob gewollt oder ungewollt eine weiterführende, fruchtbare Diskussion.

 

Beispiele von besonders typischen Aussagen:

  • Baclofen ist eine Ersatzdroge
  • Baclofen ist nicht zugelassen
  • Du missbrauchst das Forum für Werbung
  • Dr. Ameisen kann nicht mehr praktizieren und hält jetzt nur noch ein paar Vorträge um damit Millionen zu verdienen
  • Baclofen erzeugt eine erneute Abhängigkeit und ersetzt nur Alkohol
  • Wer glaubt mit einer Wunderpille kontrolliert trinken zu können, hat nichts begriffen
  • Alkoholismus ist keine Krankheit, deshalb kann eine Pille nichts bewirken
  • Wenn man es absetzt, ist der Rückfall unausweichlich
  • Nur wer das 3-Säulen-Modell akzeptiert hat langfristig Aussicht auf zufriedene Abstinenz
  • Dr. Ameisen verführt zufriedene, trockene Alkoholiker zum Rückfall

„Hilfesuchende neue Forumbesucher werden auf einen falschen, gefährlichen Weg gelockt,“ ist das Argument mit dem sich die Wächter rechtfertigen. Jeder Versuch, Argumentativ mit Fakten zu antworten wurde im Keim erstickt. Typische Argumentation: ich muß das Buch nicht gelesen haben, um zu wissen was drinsteht. Von mir gesetzte Links zu entsprechenden Artikeln aus der Fachpresse, auch zur HP von Olivier Ameisen wurden sofort gelöscht. Das zielführende Argument: Links die der Werbung dienen, sind nicht erlaubt. Dies könnte ich sogar akzeptieren wenn nicht unzählige Links zu Fachkliniken, Therapieeinrichtungen, linientreuen Büchern, AA-Selbsthilfe usw. zu finden gewesen wären.

Vorläufiges Fazit: in der virtuellen Welt findet demokratisches Verhalten nicht statt. Während in der analogen Welt in SHGs durchaus abweichende Ansichten erörtert werden können, ist dies in der virtuellen Welt nicht geduldet. Der alte Grundsatz: Toleranz ist immer die Toleranz gegenüber Andersdenkenden, ist hier nicht gegeben. Mein Vergleich mit totalitären Strukturen führte dann auch zum Ausschluss aus dem Forum ohne vorherige Ankündigung. Anders als im letzten bekannten totalitären Regime, landete ich nicht im Konzentrationslager. Parallelen zur Ausgrenzung von kritischen Stimmen, Meinungen sind dennoch gegeben. Ich vergleiche es mal mit den Bücherverbrennungen oder der Beschlagnahme sogenannter entarteter Kunst.

09.11.2009

Ein eingefleischter Hardliner und Verfechter des klassischen Weges gibt jetzt zu, selbst mit dem Gedanken gespielt zu haben, Baclofen zu versuchen. Er hatte nach 4 Monaten mit Suchtdruck zu kämpfen. Er hat es nicht getan, den Kampf vorerst ohne Hilfsmittel gewonnen. Er ist der Auffassung, mit einem Hilfsmittel wäre so ein Sieg nichts wert.

10.11.2009

Gerade bekam ich die Mitteilung daß meine Sperre im Forum aufgehoben worden ist. Ich wurde aber darauf hingewiesen daß ich nicht zuviel über Medis schreiben dürfe und keine User beleidigen darf. Es bleibt abzuwarten wie das Forum reagiert und wann ich die nächste Drohung oder den endgültigen Ausschluss hinzunehmen habe. Mit zittriger Hand und Schere im Kopf sehe ich da keine großen Chancen für mich. Entweder kann ich schreiben wie mir Baclofen hilft und helfe damit auch anderen oder ich lasse es bleiben. Ein Leben ohne Suchtdruck oder der Angst davor ist qualitativ um Längen besser. Selbst wenn ich es lebenslang nehmen müsste, wäre die Entscheidung für mich leicht.

Es wäre schön wenn möglichst viele den einschlägigen Foren beitreten und ihre Meinung zu Baclofen schreiben würden. Die Adressen bitte per Email erfragen: myshining@gmx.de

12.11.2009

8 Kommentare zu “Totalitäre Strukturen in Internetforen?

  1. Hallo irving,

    gibt es irgendeine Möglichkeit, Sie als offensichtlich kundigen Arzt zur möglichen Verschreibung zu kontaktieren? Denn das ist so ziemlich das größte Problem in Deutschland … die Verschreibung off label, bzw. überhaupt an B. zu kommen.

    Hoffnungsvolle Grüße

    host138

  2. Ich habe das Baclofen „off label“ rund 10 Patienten verschrieben. Ich bin, gemeinsam mit diesen, sehr zuversichtlich. Sie geben, nach Jahren eines schweren und oft auch aussichtslosen Kampfes mit vielen Krankenhausbehandlungen, deutliche Linderung des Craving an. Es besteht viel Grund zur Hoffnung.
    Ich bin Nervenarzt.

  3. Hallo Baclofen,

    leider kann ich mit einer Adresse aus dem Großraum Berlin nicht dienen, da ich in der Region Aachen lebe. Was ich aber gerne machen kann, ist, in kurzen Zügen erklären, wie ich zu meiner Baclofenverschreibung gekommen bin. Auch mein Hausarzt, der über meine Alkoholabhängigkeit seit Jahren informiert ist, wollte oder konnte mir kein Baclofen als Off-Label-Verordnung (bedeutet: Verschreibung für eine nicht in Deutschland zugelassene Therapieform) verschreiben. Daraufhin bat ich ihn, mir eine Überweisung für einen Neurologen/Psychater auszustellen, was er auch anstandslos tat. Mit dieser Überweisung bin ich dann in eine Akutsprechstunde (ohne vorherige Anmeldung) eines Neurologen/Psychiater gegangen. Mit diesem habe ich über meine Alkohol-abhängigkeit und der damit verbundenen psychischen Abhängigkeit (Craving = Saufdruck) gesprochen. In diesem Gespräch habe ich den Neurologen über die Möglichkeit informiert, dass es ein Medikament (Baclofen) gibt, was genau diese Symptome der Abhängigkeit bekämpfen soll. Eine Verschhreibung von zugelassenen Medikamenten, wie z.B. Campral etc., habe ich wegen der doch erheblichen Nebenwirkungen gegenüber Baclofen abgelehnt. Erwähnen möchte ich auch, dass es sehr hilfreich sein kann, wenn man bei diesem Gespräch erwähnt, dass man parallel zu dieser Medikamentation eine ambulante Langzeittherapie bei einer Suchtberatung, oder anderswo, anstrebt. Grundvoraussetzung für diese Art der Therapie ist, dass man trocken bleibt, und keine andere Möglichkeit sieht dies zu erreichen, außer mit Baclofen. Also, offen und selbstbestimmt auftreten, und sich am besten etwas über die Wirkungsweise von Baclofen gegen die Alkoholsucht anlesen oder aus dem Internet ausdrucken. Sollte es nicht sofort beim ersten Neurologen/Psychater klappen, nicht aufgeben und weitersuchen. Baclofen ist echt der Hammer, bei mir fast Nebenwirkungsfrei (leichte Müdigkeit am Anfang) und von Saufdruck keine Spur mehr. Ich hoffe das ich weiterhelfen konnte und wünsche viel Glück. Rezeptor

  4. Hallo Rezeptor,

    es gibt einige Zuschriften von Menschen denen der Hausarzt Baclofen nicht verschreiben will, warum auch immer. Im Raum Berlin sucht aktuell jemand einen Hausarzt der ihm Baclofen verschreibt. Bitte Namen und Straße Deines Hausarztes an folgende Email senden: myshining@gmx.de. Auch andere Leser sollten dies tun. Es ist sehr frustrierend eine Absage vom Hausarzt zu bekommen und vom Auslandsbezug kann ich nur dringend abraten.

  5. Hallo Baclofen,
    dem hier geschilderten kann ich nur zustimmen, da es mir ähnlich ergangen ist. Was mich am meisten stört, ist die Ignoranz und Intoleranz dieser selbsternannten Wächtergruppen gegenüber jedem einzelnen Individuum und dem medizinischen Fortschritt. Auch ich war Anfeindungen in verschiedenen Foren und in meiner SHG ausgesetzt. Besonders hervorgetan haben sich die Anhänger der Ideologie der AA´s, bei der Proglamierung ihres Königsweges und der Abwertung neuer medizinischer Studien und Erfahrungsberichten Betroffener. Gestört hat mich das nicht im Geringsten, eher bestärkt. Ich schwimme lieber gegen den Strom, als das ich als „Lemming“ sterbe und zu Grunde gehe. Meine Alkoholkarriere geht nun mittlerweile ins 25 Jahr, und bisher hat mir keine der derzeit angebotenen Therapieformen längerfristig geholfen. Die körperliche Abhängigkeit hatte ich stets nach einigen Tagen im Griff. Was mich wirklich fertig gemacht hat, ist die psyschiche Abhängigkeit. Dieser permanente Gedanke an Alkohol und mein vergeblicher Kampf gegen diesen Gedanken. Seit ich Baclofen in einer Dosis von 30 mg/Tag nehme, bin ich befreit von diesem Gedanken und kann wieder Mensch sein. Danke Baclofen für diesen Blog.

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