50 Jahre Baclofen

Baclofen wurde ursprünglich als Medikament zur Behandlung der Epilepsie entwickelt. Das erste Mal wurde es vom Chemiker Heinrich Keberle 1962 in der damaligen Ciba-Geigy synthetisiert. Die antiepileptische Wirksamkeit war enttäuschend, der antispastische Effekt aber brauchbar. Baclofen wurde und wird noch immer mit wechselndem Erfolg oral verabreicht. Bei schwer kranken Kindern ist allerdings die notwendige orale Dosis so groß, dass die Nebenwirkungen die Therapie begrenzen. Wie und wann Baclofen das erste Mal intrathekal verwendet wurde, ist nicht mehr genau festzustellen, aber es ist eine mittlerweile etablierte Behandlungsmethode der Spastik.

Große Resonanz erhielt Baclofen in letzter Zeit durch ein Buch von Olivier Ameisen, in dem er behauptete, seine Alkoholsucht durch Baclofen endgültig besiegt zu haben. In der Tat zeigten Studien auch, dass Baclofen eine außerordentliche Wirkung für die Bekämpfung von Alkoholsucht hat: In einer Studie erreichten rund doppelt so viele Patienten die Abstinenz von Alkohol mit Baclofen wie die Probandengruppe ohne Baclofen.

Dieser Eintrag aus Wikipedia ist schon einige Jahre alt und inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass Baclofen einer großen Zahl von süchtig trinkenden Menschen zu einem Leben ohne Craving verholfen hat. Derzeit läuft eine große Studie in der Berliner Charité mit Dosierugen bis 175mg, in Frankreich sollte eine Phase IV Studie Anfang 2012 mit staatlicher Finanzierung (750.000 Euro) anlaufen. Derzeit ist Mai geplant, warum diese Verzögerungen? 

Michel Lejoyeux der Präsident der AFSSAPS verweigert die Zustimmung zu der geplanten Studie die nach französischen Regeln für die Freigabe der Fördergelder notwendig ist. Zur Begründung findet der Vorsitzende der Kommission für Arzneimittelsicherheit Argumente gewichtig, die längst widerlegt sind. Besonders wichtig ist ihm das Wohl der Patienten die bei hohen Dosen Schaden nehmen könnten obwohl sattsam bekannt ist, dass weltweit nicht ein Fall bekannt geworden ist, der zum Tode geführt hat. Da muss dann schon mal zur Beweisführung ein indischer Cannabisabhängiger herhalten der unter Baclofen in eine Psychose rauschte. Wohl wissend dass Cannabis selbst sehr gerne in Psychosen führt und oft auch viele Wochen nach Beendigung des Konsums ohne Entzug. 

Oder steckt etwa ein anderes Interesse dahinter? Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde mir zugeflüstert, Novartis hätte nicht nur kein Interesse an einer erweiterten Zulassung für Baclofen, sondern ist im Gegenteil sogar, ausserordentlich gegen diese. Nun fragt man sich warum und die Antwort darauf ist einfach: Novartis rechnet mit Milliarden und nicht mit lächerlichen Milliönchen Umsatz, Baclofen ist nicht geschützt, ein Nachfolgepräparat mit Patenschutz muss es bringen. Leider dauert das noch etwas und der Siegeszug von Baclofen passt so gar nicht in die Planung. Eine erweiterte Zulassung könnte die Markteinführung eines neuen verbesserten Medikamentes auf der Basis von PAMs finanziell torpedieren, evtl. unmöglich machen. 

Jetzt, spätestens jetzt wird der Zusammenhang zu Contergan klar: es ging und geht auch heute noch nie um die Gesundheit der Patienten. Es ging und geht immer um die Portfolios der Aktionäre. So funktioniert sie und funktionierte sie immer, die „forschende Pharmaindustrie“. Die Rücknahme von Contergan jährt sich zufällig auch dieser Tage, ebenfalls 50 Jahre. 

Olivier Ameisen findet die Blockade der Gelder kriminell, warf dies in einer Fernsehdiskussion dem sichtlich empörten Michel Lejoyeux vor ein paar Tagen vor.
Der lächelte es weg und war zufrieden – warum auch immer.

Vor 50 Jahren, am 27. November 1961, wurde das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan vom Markt genommen.

Zu spät für weltweit 10.000 Mädchen und Jungen. Sie wurden Opfer des größten Unglücks der deutschen Pharmaindustrie und kamen Ende der 50er Jahre missgebildet zu Welt, ohne Arme und ohne Beine.

Das Medikament Contergan war unter der Leitung von Dr. Heinrich Mückter in der Forschungsabteilung der Stolberger Firma Grünenthal entwickelt worden. Der Wirkstoff Thalidomid war als Mittel gegen Allergien erforscht worden. Dass es Schlaf bringt, war zunächst nur eine Nebenwirkung, die für die Ärzte aber bald im Mittelpunkt stand. Am 1. Oktober 1957 brachte Grünenthal Thalidomid unter dem Namen Contergan in den Handel. Es war in allen Apotheken als Schlaf- und Beruhigungsmittel frei erhältlich. 

Auch international war Thalidomid ein Verkaufsschlager: In 48 Ländern wurden thalidomidhaltige Medikamente vermarktet. Die Herstellerfirma hatte wesentlichen Anteil an diesem Erfolg. Die Werbung versprach die völlige Ungiftigkeit und Unschädlichkeit des Wirkstoffs. 

Seit 1959 wurde von Ärzten und Kliniken eine Häufung von furchtbaren Fehlbildungen bei Neugeborenen bemerkt. Da es jedoch kein Meldegesetz für Fehlbildungen gab, blieb das wahre Ausmaß der Katastrophe zunächst im Dunkeln. Grünenthal will erst im Herbst 1961 von dem Verdacht gegen das Medikament erfahren haben, als zwei Mediziner, der Hamburger Kinderarzt Widukind Lenz und der australische Gynäkologe William Griffith McBride, unabhängig voneinander die Vermutung äußerten, dass Thalidomid für die Missbildungen verantwortlich sein könnte. Seinen Verdacht teilte Lenz am 15. November 1961 dem Forschungsleiter von Grünenthal mit. Er forderte eine sofortige Rücknahme vom Markt. Doch zunächst reagierte der Arzneimittelhersteller nicht. Erst nach zwölf Tagen, als ein Zeitungsartikel die Wirkung von Contergan publik machte, zog Grünenthal sämtliche thalidomidhaltigen Präparate aus dem Handel.
Das ganze Ausmaß der Katastrophe wurde erst lange nach der Rücknahme klar: Es stellte sich heraus, dass die Einnahme einer einzigen Tablette während der 4. – 6. Schwangerschaftswoche mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Missbildungen führt. 

Die Contergan-Katastrophe hatte erhebliche Konsequenzen für das deutsche Arzneimittelrecht. 1976 wurde ein Arzneimittelgesetz verabschiedet, das erstmals ein geregeltes Zulassungsverfahren für neue Medikamente einführte.

Dieses Gesetz trat am 1. Januar 1978 in Kraft. Seit Bekanntwerden des Zusammenhangs von Contergan und den Fehlbildungen bei Neugeborenen waren 17 Jahre vergangen.

Der ganze Artikel : http://www.n-tv.de/mediathek/bilderserien/wissen/Der-Contergan-Skandal-article4540051.html

0 Kommentare zu “50 Jahre Baclofen

  1. Laut dem Sohn von Harald Mükter, Pharmakologe, wurden durch Thalidomid/Contergan insgesamt ca. 125.000 Menschen geschädigt, davon 25.000 vorgeburtlich.

    Das Contergan von Grünenthal entwickelt wurde ist wohl eher nicht der Fall. Definitiv fest steht, dass man -angeblich nur- den Namen „Contergan“ von Hoechst gekauft hat. Nur, warum musste es genau dieser Name sein, was war darn so wertvoll, dass man dafür bezahlt ?

    Laut unwidersprochenen Spiegel Artikeln war Grünenthal damals so gut wie pleite. Nur die damals illegale Beschaffung von Penicillin Kulturen und die skrupelose Vermarktung Contergans, „harmlos wie Zuckerplätzchen“, haben die Firma nicht nur vor dem Ruin gerettet, sondern zu einer der reichsten Familien Deutschlands gemacht.

    Nicht ganz vergessen sollte man dabei, dass alle „Erfolge “ Grünenthals von Nazis bzw. . Führungskräften der IG Farben erzielt wurden und die Fa. Grünenthal bis heute die Herkunft Contergans nicht verraten will. Dass das Archiv der IG Farben bis heute der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, gehört wohl dazu.

    Alles deutet darauf hin, dass Thalidomid schon in den 40er Jahren erstmalig hergestellt wurde.
    Möglicherweise von Ciba Geigy.

    Es gibt Thalidomidgeschädigte die 1954 und davor geboren wurden.

    Ein Schelm, wer denkt, es gäbe ein Nachfolge-Kartell der Chemischen Industrie ?…

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